Der Klimakurort Bad Harzburg
Täglich strömen zahlreiche Menschen nach Bad Harzburg und besuchen die Solethermen mit ihren heilenden Solequellen. Bad Harzburg ist jedoch nicht nur ein Badekurort, sondern wird auch mit dem Namen Klimakurort deklariert. Besonders bei Schönwetterlagen entsteht ein sogenannter Bergwind, der die Stadt mit frischer und kühler Luft durchströmt und eine bedeutende Wirkung als Luftreiniger hat. Schon in den 30er Jahren wurden von Dr. Schulz zahlreiche Messungen durchgeführt, die zeigten, welche positive Auswirkung der Bergwind auf die Stadt Bad Harzburg hat.
Dass diese Besonderheit der Lokalklimatologie nicht jahresspezifisch, sondern von der jeweiligen Wetterlage abhängig ist, zeigt, welchen hohen Stellenwert die Klimakurorte besonders im Zeitalter der Megacities haben. Der Begriff Megacity wird bei einer Population von 10 Millionen Einwohnern verwendet. Mit 21 Millionen Einwohnern hat Shanghai nicht nur mehr Einwohner als Kanada, sondern gehört derzeit auch zu den größten Städten weltweit. Neben der hohen Bebauungs- und Verkehrsdichte leidet die Bevölkerung besonders unter schlechten Luftverhältnissen und hohen Temperaturen, die den Großstädten besonders in den Sommermonaten große Probleme bereiten. Faktoren, mit denen Bad Harzburg nicht zu kämpfen hat und die deutlich machen, inwieweit der Heilfaktor „Klima“ den Heilungswert des Ortes und damit seinen Ruf stärkt. Das vorherrschende Klima wird besonders durch die Höhenlage des Ortes und die angrenzenden topografischen Gegebenheiten geprägt.
Bad Harzburg liegt am Nordrand des Harzes, am Ausgang eines weitverzweigten Talsystems, das an allen Seiten von 100-200 Meter hohen Bergen überhöht wird. Im Tal selbst liegt das Hauptkurviertel mit seinen Anlagen, rechts und links des Talausganges zieht sich der Ort an den Hängen entlang. Diese Lage des Ortes ist für das Klima sehr wichtig, da sich besonders in klaren Nächten ein kühler Bergwind entwickelt, der durch den Zusammenfluss der Ausstrahlungskaltluft entsteht. Den größten Anteil liefern neben dem Kalten Tal das Radautal und das Riefenbachtal. Auch im Stübchental entwickelt sich ein schwacher Bergwind, der besonders das Fritz-König-Stift mit frischer kühler Luft versorgt.
Inwieweit sich jedoch ein Bergwind entwickelt, ist besonders von der aktuellen Wetterlage abhängig. Die hierfür benötigte Ausstrahlung, die besonders bei Hochdruckgebieten (kontinentalen Luftmassen) vorhanden ist, ist mit klaren Nächten gekoppelt. Durch den Ausstrahlungsprozess sinkt die kältere Luft aufgrund ihrer höheren Dichte zu Boden und bildet eine inverse Temperaturschichtung. In diesem Fall strömt die kalte Luft das Tal hinunter und lässt den Bergwind aufleben. Somit liegen nun die wärmeren Luftmassen über den kälteren. Damit diese Temperaturschichtung bestehen bleibt, darf in den oberen Höhenlagen nur ein schwacher Wind auftreten. Ein starker über das Tal wehender Wind kann die Luft schnell in Schwingungen versetzen und die vorhandene Temperaturschichtung und den entstandenen Bergwind zerstören. Für die Beobachtung der aktuellen Windstärken dienen hierfür vor allem die Wetterstation Torfhaus und Brocken. Treten alle erforderlichen Parameter auf, so kann sich der Bergwind schon in den späten Nachmittagsstunden entwickeln.
Für die Beobachtung dieser meteorologischen Besonderheit werden keine besonderen Messgeräte benötigt, sondern sie lässt sich mit bloßem Auge beobachten. An den vielen Fahnenmasten in der Stadt ist erkennbar, wie der Wind in den Abendstunden auf südwestliche Richtung dreht und teilweise böig weht.
Dieser Kaltluftstrom erfasst jedoch nicht die ganze Stadt, sondern ist hauptsächlich im Kurgebiet zu finden. Temperaturmessungen zeigten, dass es besonders ab den Abendstunden und in der Nacht deutliche Temperaturunterschiede zwischen dem Kurgebiet und der östlich gelegenen Stadt (Wetterstation Bad Harzburg) gibt. Vereinzelt konnten Temperaturdifferenzen von 4°C registriert werden. Erst in den frühen Morgenstunden gleichen sich die entstandenen Temperaturunterschiede wieder an. Neben den Temperaturunterschieden wurden in den vergangenen Monaten auch unterschiedliche Windverhältnisse festgestellt. Mit Hilfe eines mobilen Windmessers konnten besonders an der Seilbahnstation (Zusammenfluss der Kaltluftströme) teilweise höhere Windgeschwindigkeiten registriert werden.
An manchen Tagen wehte der Wind an der Wetterstation Bad Harzburg mit einer Windge-schwindigkeit von 2-11 km/h, im Kurpark hingegen mit 15-20 km/h, in Böen sogar 25 km/h. Es lässt sich auch beobachten, dass während des Einsetzens des Bergwindes aus südlicher Richtung und Abnahme der Temperatur im Kurgebiet, der Wind im östlichen Stadtgebiet nochmal in nördliche Richtungen dreht und ein leichter Temperaturanstieg zu verzeichnen ist. Dies ist damit zu erklären, dass während des Umwälzprozesses ein leichter Hangwind einsetzt und der Wind auf nördliche Richtung dreht.
Auch wenn sich der Bergwind nur als leichter Luftzug äußert, wird er manchmal von den Kurgästen und Einwohnern als unangenehm empfunden. Grundlegend hängt dies mit der Windgeschwindigkeit zusammen, da der menschliche Körper einen Wind mit einer Stärke von 6 m/s (22 km/h) als unangenehm empfindet, unabhängig davon, ob sich der Mensch im Gebirge oder an der freien See befindet. Neben dem Effekt der erfrischenden Abkühlung wird deutlich, dass mit dem Einsetzen des Bergwindes eine vollkommene Lufterneuerung eintritt. Somit wird die am Tage vom Menschen und Verkehr verunreinigte Luft aus der Stadt herausgeführt.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass nicht allein der Besuch der Solethermen mit ihren heilwirkenden Kräften, sondern besonders im Sommer die erfrischenden und lufterneuernden Bergwinde, die besonders schlaffördernde Nächte mit sich bringen, das Gesamtpaket von Heilbad und Klimakurort perfekt machen.